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Die Bilanz: Ein Jahr ohne Fast Fashion

Wenn andere Menschen ihre Neujahrsresolutionen schreiben und sich fest vornehmen, dieses Jahr wirklich zum Sport zu gehen oder Gewicht abzunehmen, treffen Moritz und ich nachhaltige Konsumentscheidungen. Seit über drei Jahren essen wir beispielsweise keine Avocados mehr, weil die zwar tippitoppi vegan sind, aber alles andere als ressourcenschonend im Anbau. Wir sind auf Fair Trade Kaffee umgestiegen und seit diesem Jahr verzichten wir auf Onlineshopping bei Amazon (aus arbeitnehmer*innenrechtlichen Gründen). Vergangenes Jahr kündigte ich Fast Fashion den Kampf an. (Über) ein Jahr kaufe ich nun nicht mehr bei Zara, H&M und Co. Wie ist es mir ergangen?

  1. Bewusster Konsum

Da ich beschlossen habe, nicht mehr bei großen Ketten einzukaufen, habe ich automatisch bewusster eingekauft, denn es ist unmöglich in ein Einkaufszentrum zu gehen und loszushoppen. Dafür habe ich aber vor einer Reise nach Dänemark zum Beispiel zuvor online geschaut, ob es dort vielleicht faire Labels gibt (gibt es) und halte überhaupt bei Reisen die Augen nach Second Hand Läden offen, in denen ich ein außergewöhnliches Stück finden kann. So habe ich beispielsweise in Amsterdam ein tolles Jäckchen für mein Hochzeitskleid gefunden. Online habe ich bei verschiedenen Marken etwas recherchieren müssen, ehe ich sie als „okay“ einstufen konnte. Viele Marken betreiben Greenwashing und „Fairwashing“ auf ihren Seiten, sind aber eigentlich weder Öko noch Fair in ihrer Produktion. Dadurch habe ich mich sehr tiefgehend mit den Marken auseinandergesetzt.

  • Weniger Konsum

Während ich früher oft zu Impulskäufen geneigt habe, ist das jetzt vorbei. Das liegt natürlich einerseits an den hohen Preisen von Slow Fashion. Es hängt aber auch damit zusammen, dass ich durch den bewussten Konsum viel mehr in mich hinein höre: Brauche ich dieses Kleidungsstück wirklich? Was ich mir dennoch neu anschaffe, ist von hoher Qualität – ich kaufe ausschließlich Kleidung aus Naturmaterialien, damit sich beim Waschgang keine Plastikpartikel lösen und ins Wasser gelangen können. Das hat auch dazu geführt, dass ich – ganz unabhängig von Marie Kondo – den Kleiderschrank aussortiert habe. Ich habe höhere Ansprüche an die Qualität meiner Kleidung, auch der, die ich seit vielen Jahren besitze. 

  • DIY und Wertschätzung für Produktion

Eine Strickjacke oder einen Wollpulli für 100-150€ kann ich mir schwerlich leisten – also habe ich mir stricken beigebracht. Selbst wenn ich fair gehandelte und ökologisch produzierte Wolle kaufe, komme ich so auf 50-70€ für einen Pulli oder eine Strickjacke für mich. Billig ist das immer noch nicht, aber billiger – und ich weiß ganz sicher, dass das Kleidungsstück unter fairen Bedingungen gestrickt wurde. Ich habe im Zuge dessen auch begonnen, nähen zu lernen, auch wenn mir das Nähen bisher nicht so liegt wie das Stricken. Durch die Herstellung der eigenen Ausstattung habe ich einen ganz neuen Blick auf den Wert von Kleidung bekommen. Mit ständig wechselnden Kollektionen und scheinbar permanentem Ausverkauf und Sale bekommen wir schnell das Gefühl, Kleidung sei ein frei verfügbarer Gebrauchsgegenstand ohne großen Wert. Doch das stimmt nicht. Egal wie billig es ist: jedes T-Shirt und jede Hose werden von einem Menschen produziert. Diese Arbeit muss sich im Preis wiederspiegeln. 

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meiner Entscheidung, keine Fast Fashion zu konsumieren und bin fast überrascht, wie „einfach“ der Umstieg mit einer Mischung aus Second Hand, Nachhaltigen Labeln und einfach weniger Konsum ist. Aber natürlich gibt es auch Herausforderungen.   

  1. Herausforderung 1: Oversea Brands

Idealerweise würde ich gar nichts mehr online kaufen und ich merke, dass ich das im vergangenen Jahr auch insgesamt weniger getan habe (vor allem aber, da ich alle Bücher konsequent offline gekauft habe). In Krakau, wo ich lebe, ist es schwierig, nachhaltig produzierte Mode zu finden, aber es gibt viele Second Hand Läden. In meiner Heimatstadt Oldenburg gibt es dafür einige Läden, die sich ganz oder teils der Fair Fashion verschrieben haben. Wenn ich also merke, dass ich dringend ein Basic Shirt brauche und im Second Hand nichts finde, dann warte ich zu meinem nächsten Besuch in der Heimat – so viel Zeit muss sein. Schwieriger gestaltet es sich bei Hosen. Ich bin sowieso kein Hosenmensch habe aber viele Situationen, in denen ich gerne eine Hose hätte. Ich hatte ein paar interessante Marken gefunden, die jedoch alle in den USA sitzen – und den interkontinentalen Versand möchte ich vermeiden. Schließlich wurde ich bei der britischen Marke „Lady K Loves“ fündig und wartete Monate darauf, dass die Jeans nachproduziert werden. Bei fairer Produktion in kleinen Mengen kann das schon mal dauern. Aber – so viel Zeit muss eben sein. Und mit dem Produkt bin ich überglücklich.  

  • Herausforderung 2: Schuhe & Unterwäsche

Kleider oder sogar Hosen kann man vielleicht online kaufen, andere Dinge möchte ich anprobieren oder fühlen, ehe ich sie in meinen Einkaufskorb legen. Dazu gehören zum Beispiel Schuhe und Unterwäsche. Daher gehören 2 Paar Winterschuhe, einige neue Unterhosen und BHs zu den Dingen, die ich zwar qualitativ hochwertig, aber nicht fair gekauft habe. Mein Schwachpunkt sind außerdem Strumpfhosen: Ich trage fast jeden Tag Röcke, das heißt ich habe einen großen Bedarf (und Verschleiß) an Strumpfhosen, teils aus Nylon. Wie gesagt – mein Schwachpunkt.

  • Herausforderung 3: Männerkleidung

Für Männer shoppen ist sowieso schwieriger, als für Frauen zu shoppen, vor allem wenn man wie Moritz einen außergewöhnlich langen – aber schmalen – Oberkörper hat. Da Männer ihre Kleidung eher bis zum Verschleiß auftragen, findet sich auch in Second Hand Läden weniger für Männer, es sei denn man steht auf moderne Retro-Hipster Vibes (tut er nicht). Wir haben es dennoch geschafft ungefähr ein Niveau von 50/50 zu halten. Zwar gab es für ihn im vergangenen Jahr Hemden und Pullis von H&M und Zara, aber bei Kleidung, die er von mir geschenkt bekommt (meistens supercoole Shirts oder Pullis mit EU- oder Feminismus-Bekenntnissen) achte ich auf faire und nachhaltige Herstellung.

Marken, die ich toll finde:

www.europeanbychoice.com – EU merchandize für wahre EU-Liebhaber*innen, die auf gemütliche Kleidung stehen

www.lady-k-loves.com – eine britische Marke, die Kleidung im Rockabilly Style designt und verkauft. Ihr Trade Mark sind High Waisted Jeans, die für die Körper von kurvigen Frauen designt sind

https://thespark.company – eine britische Marke, die „badass feminist apparel“ verkauft, hier gibt es  Shirts mit coolen Slogans für Männer und Frauen

www.palava.co – eine britische Marke, die märchenhafte und kreative Kleider, Röcke und Cardigans designt und verkauft. Mein Hochzeitskleid kommt von Palava!

www.yeyeye.de – eine deutsche Marke aus Stuttgart, die schicke Kleidung im Stil der 60er und 70er Jahre entwerfen

www.armedangels.de – eine Marke, die sich seit Beginn der Nachhaltigkeit und Fairen Arbeitsbedingungen verschrieben haben. Ich habe sie im Laden Hella&Hermann in Oldenburg entdecken, die ausschließlich ethisch und fair produzierte Mode verkaufen.  

www.kinglouie.eu – das erste nachhaltige Label, das ich (neben Hess Natur und Maas, Urgestein der Slow Fashion) kennengelernt habe. Hier geht noch mehr Öko oder Nachhaltigkeit, aber sie sind schon echt gut dabei und die 60er Jahre Prints und Schnitte sind einfach toll.

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1 Kommentar

  1. […] du wissen, wie es mir in meinem ersten Jahr ohne Fast Fashion ergangen ist? Dann einmal HIER […]

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